Für die Stadt der Zukunft!
Für ein Ende der traurigen Zustände in den landeseigenen Wohnungsbeständen.

Das Versprechen, das keins ist

Seit der neuen Kooperationsvereinbarung zwischen dem Land Berlin und seinen Wohnungsbaugesellschaften ("LWUs") von 2024 gibt es das sogenannte Leistbarkeitsversprechen. Es besagt, dass alle Mietenden bei LWUs ihre Miete auf Antrag absenken lassen können, wenn ihre Kaltmiete mehr als 27% ihres Haushaltseinkommens ausmacht.

Dieses "Leistbarkeitsversprechen" dient seit seiner Einführung als Hauptargument der kommunalen Vermieterinnen, dass die Mieterhöhungswellen und die hohen Neubaumieten nicht schlimm sind: Wer sie nicht zahlen kann, kann ja immer die Miete wieder absenken.

Tatsächlich geschieht dies aber so gut wie nie, wie eine kleine Anfrage von Niklas Schenker (Die Linke) vom April 2025 ergab. Das hier ist das traurige Bild:

leistbarkeitsversprechen

Bezogen auf alle kommunalen Mietwohnungen wurde das "Leistbarkeitsversprechen" nur in 0,028% erfolgreich in Anspruch genommen. Diese Zahl zeigt: Das Leistbarkeitsversprechen ist nichts wert. Es ist ein Feigenblatt. Selbst wenn man annehmen würde, dass die Mieterhöhungen für einen Großteil der Mietenden verkraftbar wären, müssen in jedem Fall mehr als 102 der über 360.000 Haushalte in kommunalen Wohnungen mehr als 27% für die Kaltmiete ausgeben. Diese Zahl ist so extrem, dass sie in keinem Szenario der Realität entsprechen kann.

Sozial auf Antrag funktioniert nicht

Es ist nicht das erste Mal, dass das Land Berlin auf diese Weise einen Systemfehler aus der Welt zu schaffen glaubt. Es war der "erste Mietenvolksentscheid Berlin", der 2015 das Wohnraumversorgungsgesetz erzwang, in dem (neben z.B. der Einführung von Mieterräten) auch ein Mietzuschuss im Sozialen Wohnungsbau erreicht wurde: Auf Antrag konnten Sozialmietenden ihre Kalt-, später sogar ihre Warmmiete auf 30% ihres Haushaltseinkommens senken. Es wurde extra eine eine Agentur beauftragt, die Anträge zu bearbeiten und bei der Antragstellung zu helfen. 26 Millionen Euro wurden dafür bereit gestellt - und nach einem Jahr gerade einmal 500.000€ davon abgerufen. Der Mietzuschuss existiert noch immer, im Haushalt müssen dafür aber keine größeren Summen mehr eingeplant werden, denn an den kümmerlichen Zahlen erfolgreicher Anträge hat sich über die Jahre nicht viel geändert.

Darum wussten die Verantwortlichen dieses "Leistbarkeitsversprechens" genau, dass es auch im normalen Mietwohnungssektor keine Wirkung haben wird und hierfür praktisch keine Gelder reserviert werden müssen.

Die Gründe sind vielfältig:

  • Man muss erstmal an den Antrag kommen. Z.B. bei der WBM soll man sich erst bei einer Emailadresse melden und bekommt dann überhaupt erst die Antragsunterlagen zugeschickt.
  • Die Anträge sind sehr kompliziert. Bei der Gesobau sechs Seiten und die dazugehörigen Nachweise sind so kompliziert, dass dazu so eine Matrix notwendig ist.
  • Details über vermeintlich relevante Besitzstände bis hin zum aktuellen Verkehrswert des eigenen Autos müssen angegeben werden.
  • Für das Leistbarkeitsversprechen gelten eine Reihe von Einschränkungen, etwa was überhaupt das Haushaltseinkommen angeht das geprüft werden darf, was die Wohnungsgröße angeht und was für andere Fördermöglichkeiten beantragt werden müssen, bevor das Leistbarkeitsversprechen greift.

Es ist ein kafkaesker Prozess und die Statistik zeigt, dass es funktioniert, wie offensichtlich von den Architekt:innen dieses "Versprechens" beabsichtigt (nämlich gar nicht).

LWUs haben eine Wohnungsmarktaufgabe

Dass die der Senat und die LWUs beim gesetzlichen Auftrag zur Versorgung niedriger und mittlerer Einkommen, zum Beitrag für eine soziale Wohnraumversorgung überhaupt den Weg beschreiten, die Mieten auf individuellen Antrag zu senken, anstatt anhang sozialstatistischer Daten angemessene Miethöhen in der Breite festzulegen, ist ein Rückschritt.

Subjektförderung, also die Subventionierung von Mietzahlungen, können nur einzelfallbezogen das systemische Problems zu hoher Mieten adressieren.

Um den Auftrag einer sozialen Wohnraumversorgung wahrzunehmen, wird das Land Berlin immer auch einen Härtefallmechanismus brauchen. Dazu gehört ein geschütztes Marktsegment, d.h. Wohnungen, die speziell für benachteiligte Haushalte reserviert werden. Wenn aber Sozialmieten und kommunale Mieten so hoch sind, dass man nicht nur ein Härtefallmechanismus, sondern ein breit beworbenes "Leistbarkeitsversprechen" braucht (dass dann so gestaltet ist, dass es abschreckt und schwer erfolgreich zu beantragen ist) - dann liegt die Lösung darin, insgesamt wieder zu sozialverträglichen Mieten zurückzukehren.

Darin liegt das echte Leistbarkeitsversprechen. Und das steht nicht auf Marketingbroschüren, sondern im Gesetz:

Aufgabe der landeseigenen Wohnungsunternehmen ist sowohl die Sicherung und Erweiterung preisgünstigen Mietwohnraums in allen Bezirken für breite Schichten der Bevölkerung (Wohungsmarktaufgabe) als auch die Hiflestellung zu einer nachhaltigen und bedarfsgerechten Wohnraumversorgung für Haushalte in Berlin, die auf dem Wohnungsmarkt besonders benachteiligt sind und sich nicht selbst mit angemessenen Wohnraum versorgen können (Versorgungsaufgabe).
(Wohnraumversorgungsgesetz §1)

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